15. Januar 2021
Central Tibetan Administration, www.tibet.net

Pekings Repression hat sich 2020 im ganzen Land verschärft: Report von Human Rights Watch

Dem Weltbericht 2021 von Human Rights Watch zufolge war 2020 ein düsteres Jahr für die Menschenrechte in China. In dem Abschnitt über China* geht es um Menschenrechtsprobleme, die vom „Nationalen Sicherheitsgesetz“ in Hongkong über die Unterdrückung der Tibeter und muslimischen Uiguren durch Unterbringung in Zwangsarbeitslagern bis zur Zensur der Berichterstattung über den Ausbruch der Coronavirus-Pandemie reichen. Die Bilanz der chinesischen Regierung in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen, die zu den schlimmsten auf der ganzen Welt gehört, hat sich zum Entsetzen der Betroffenen, einschließlich der Menschenrechtsverteidiger und -aktivisten, nur noch verschlechtert.

Human Rights Watch stellte fest, daß die Behörden in den tibetischen Gebieten im Jahr 2020 weiterhin die Religionsfreiheit, die freie Meinungsäußerung, die Bewegungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit drastisch einschränkten und nicht für Abhilfe sorgten, wenn sich die Bevölkerung durch den Bergbau und die Landnahme durch lokale Beamte bedroht sah, was häufig Einschüchterung und ungesetzliche Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte zur Folge hatte.

Titelbild des Berichts von Human Rights Watch

Der chinesische Staat hat die Coronavirus-Pandemie genutzt, um noch tiefer in das private und religiöse Leben der Tibeter eingreifen zu können. Die chinesischen Behörden wiesen die Tibeter im vergangenen Jahr an, als Präventivmaßnahme zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie das Losar-Fest, das tibetische Neujahrsfest, nicht zu feiern. Angesichts der Geschichte und der Bedeutung des Festes beschneidet das Verbot empfindlich den noch verbleibenden Freiraum des tibetischen Volkes, von religiösen Rechten bis hin zu kulturellen Praktiken. Wichtige Klöster bleiben immer noch für die Öffentlichkeit geschlossen, was die religiöse tibetische Bevölkerung an der Ausübung ihrer Religion hindert.

Der Bericht wirft auch ein Licht auf Adrian Zenz' Fallstudie über Chinas militarisiertes Berufsausbildungssystem in Tibet. Laut Zenz' Bericht hat die chinesische Regierung unter dem Deckmantel der Armutsbekämpfung als Teil des 13. Fünfjahresplans für Tibet in den ersten 7 Monaten des Jahres 2020 eine halbe Million Tibeter in der Autonomen Region Tibet durch ein militarisiertes System zur Massenzwangsarbeit herangezogen. Mit dieser Maßnahme will die chinesische Regierung Disziplin und Gehorsam erzwingen, das Denken und die Identität der Arbeiter verändern, die „Rückständigkeit“ beseitigen, ihnen Chinesisch beibringen und was Recht ist, die tibetische Sprache abwerten und den in ihren Augen negativen Einfluß der Religion schwächen.

Darüber hinaus förderte die Kommunistische Partei mit Verordnungen zur Förderung von „Modellgebieten der nationalen Einheit“ die Wirtschaftsmigration aus anderen Teilen Chinas und schaffte Tibetisch als Unterrichtssprache in den Grundschulen ab. Ständige Überwachung und Einschüchterung hielten die Bevölkerung von öffentlichen Protesten ab, wofür führende Funktionäre schon seit langem plädiert hatten.

Die Inhaftierung und Verurteilung von Tibetern zu Gefängnisstrafen geht unvermindert weiter. Jeder Bürger muß seine Handlungsfreiheit aufgeben und sich dem Diktat der Partei fügen. Wird er dabei ertappt, daß er entgegen der Parteilinie handelt, droht ihm eine harte Strafe.

Zu Beginn des Jahres sah sich die chinesische Regierung mit zwei großen Herausforderungen konfrontiert: eine unbekannte Krankheit, die die Bevölkerung zu ruinieren drohte, und eine Welle von Stimmen im Internet, die der Welt mitteilten, was vor sich ging. Tausende von Stimmen öffentlicher Empörung, die in den chinesischen sozialen Medien auftauchten, machten deutlich, daß die Regierung das Covid-19-Virus vertuschen wollte.

Inmitten all der Verwirrung starb Li Wenliang, der der ganzen Welt als „Whistleblower“ bekannte Arzt, am 7. Februar, nachdem bekannt wurde, daß wegen „Störung der sozialen Ordnung“ gegen ihn ermittelt wird, weil er angeblich „falsche Kommentare“ gemacht habe. In einem anderen Fall wurden mehrere Bürgerjournalisten wegen einer Berichterstattung verhaftet, die das offizielle Narrativ von Pekings Antwort bedrohte. Laut dem Komitee zum Schutz von Journalisten befinden sich drei von ihnen immer noch in Haft.

China verhängte am Vorabend des Jahrestages der britischen Übergabe von Hongkong an China am 1. Juli das nationale Sicherheitsgesetz über die Stadt. Anfang Januar wurden 53 der prominentesten pro-demokratischen Aktivisten und Politiker Hongkongs bei morgendlichen Razzien verhaftet - die größte Razzia seit dem Erlaß des Gesetzes. Das Gesetz ist der aggressivste Angriff auf die Freiheiten der Menschen in Hongkong seit der britischen Übergabe im Jahr 1997.

„Über Nacht hat Peking die Menschen in Hongkong ihrer Menschenrechte beraubt“, kommentierte Maya Wang, leitende China-Expertin bei Human Rights Watch. „Den Menschen in Hongkong, die lange an viele Freiheiten gewöhnt waren, drohen nun heftige Gefängnisstrafen für den Besitz von Transparenten oder das Skandieren von Slogans, die den Behörden mißfallen.“

Laut dem HRW-Bericht sollen die Behörden bis zu 1,8 Millionen Uiguren und andere muslimische Minderheiten seit Anfang 2017 in einem ausgedehnten Netz von Internierungslagern eingeschlossen halten. Anstrengungen der Kommunistischen Partei, die Identität der Uiguren und anderer Muslime in der Region auszulöschen, gingen weiter, so lassen Satellitenbilder darauf schließen, daß seit 2017 mehr als 100 traditionelle Friedhöfe der Uiguren zerstört und 260 „massive“ Hafteinrichtungen errichtet wurden.

* China: Events of 2020, https://www.hrw.org/world-report/2021/country-chapters/china-and-tibet